Das Oberlandesgericht Brandenburg hatte sich im Rahmen der Berufung mit der Frage zu befassen, welche Schadensersatzansprüche einem Halter und Eigentümer eines im April 2011 geborenen Hengstes zustehen.
Dieser Junghengst ist kurz nach dem Transport auf den Hof der Beklagten erheblich verletzt worden, wo er ohne weitere Eingliederungsmaßnahmen auf eine Junghengstweide verbracht worden ist.
Der Sachverhalt:
Der Kläger transportierte das streitgegenständliche Tier am 30.08.2012 zum Hof der Beklagten, wo der Junghengst auf die Junghengstweide verbracht wurde. Auf dieser Junghengstweide befand sich eine bereits existierende Herde von 5 Tieren im Alter von 1 1/2 bis etwa 2 1/2 Jahren. Unter dem 02.09.2012 fertigten der Kläger und die Beklagte den von ihnen verabredeten Pferdeeinstellungsvertrag. Nachdem der Kläger in der Folgezeit zunächst die Mitteilung erhalten hatte, sein Junghengst sei in die bestehende Herde integriert, berichtete die Beklagte am 06.09.2012 davon, der Junghengst habe aus dem Herdenverband herausgenommen werden müssen, da eines seiner Gliedmaße geschwollen sei.
Die Situation des Tieres stellte sich am 07.09.2012 mit trittbedingten teilweise offenen Hautwunden (z.B. am Rücken), zahlreiche zum Teil tiefe Biss- und Schlagverletzungen (u.a. an der Stirn), Tritt- und Schürfwunden (am Kopf), einen massiven Bluterguss an der Brust und starken Schlagverletzungen an den Seiten dar. Ferner sei ein trübes Auge festzustellen gewesen und er habe einen schlappen Eindruck gemacht.
Nach dem 07.09.2012 hat sich der Zustand des Tieres noch weiter verschlimmert. Am 12.10.2012 brachte der Kläger den Junghengst in eine Pferdeklinik, in der dieser mehrere Wochen lang behandelt wurde, ehe er zu weiteren Therapiemaßnahmen auf einen anderen Reiterhof verbracht wurde.
Die Klage:
Mit der vor dem Landgericht Potsdam unter dem 22.12.2015 erhobenen Klage beziffert der Kläger den ihm entstandenen Schaden auf insgesamt 56.183,43 €, und zwar in Form einer Wertminderung bzw. des entgangenen Gewinns aus einem unterbliebenen Weiterverkauf des Pferdes in Höhe von 30.000,00 €, weil es nun aufgrund der Verletzungen als Zucht- und Reitpferd ungeeignet sei, sowie in Höhe der Anschaffungs-, Transport- und Behandlungskosten des Tieres von 26.183,33 €.
Das Landgericht Potsdam hat die Klage abgewiesen. Die entscheidende Frage im Rechtsstreit war, ob die Haftung der Beklagten für die streitgegenständlichen Schäden vertraglich wirksam ausgeschlossen worden ist.
Das Landgericht Potsdam hatte dies bejaht.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg:
(Urteil vom 16.02.2021 Az. 3 U 6/17)
Zunächst stellte das Oberlandesgericht klar, dass Tierbetreuungsverträge sich regelmäßig als typengemischte Verträge darstellen, die miet-, verwahrungs- und dienstvertragliche und daneben auch werkvertragliche Elemente aufweisen.
Beim Einstellungsvertrag kommt als vertragswesentlich und prägend die Pflicht zur Übernahme der Fürsorge und der Obhut für das Lebewesen hinzu, so dass eine entsprechende Vereinbarung als Verwahrungsvertrag anzusehen ist.
Ferner stellte das Gericht fest, dass die Beklagte die streitgegenständlichen Verletzungen des Tieres durch eine grob fahrlässige Verletzung der von ihr übernommenen Obhutspflichten verursacht hat, weil sie gegen ihr erkennbare, allgemein anerkannte Vorgaben zur Eingewöhnung neuer Mitglieder in eine bestehende Junghengstherde verstoßen hat.
Außerdem hat die Beklagte im Zusammenhang mit der - anerkannten wissenschaftlichen Regeln zuwiderlaufenden - Integration des klägerischen Pferdes ihrerseits nicht alles Erforderliche getan, um den Eintritt eines Schadens bei diesem Pferd zu verhindern.
So ist die lediglich täglich einmalige Kontrolle des Herdenverhaltens durch die Beklagte „zu wenig“, angesichts der bestehenden Risiken. Vielmehr ist eine engmaschigere Kontrolle im Abstand von höchstens 3 bis 4 Stunden notwendig gewesen. Diese Kontrolle wäre nötig gewesen, bis sich hätte feststellen lassen, dass das Tier sich in die Gruppe integriert hat.
Dieser Haftung der Beklagten steht dabei die Regelung im Einstellungsvertrag, mit der die Haftung der Beklagten für Schäden vertraglich wirksam ausgeschlossen werden sollten, auch nicht entgegen. Schließlich wurde dort die Haftung für Ansprüche, die auf einer vorsätzlichen und grob fahrlässigen Handlung ausgenommen, weil dafür die Beklagte kraft Gesetzes haftet.
Somit schuldet die Beklagte als Verwahrerin den in ihre Obhut gegebenen Junghengst ordnungsgemäß, also unverletzt, wieder an den Kläger herauszugeben.
Da dieses nicht mehr möglich ist, schuldet die Beklagte Schadensersatz.
Soweit der Kläger den Ersatz einer Wertminderung bzw. eines entgangenen Gewinns von 30.000,00 € verlangt, konnte der Kläger nicht den Beweis führen, dass mit der geforderten Wahrscheinlichkeit der geltend gemachte Veräußerungsgewinn erzielt worden wäre. Schließlich hatte das Pferd noch nicht einmal eine Reitausbildung erfolgreich durchlaufen.
Stattdessen hat das Gericht die Wertminderung des Pferdes durch den Vorfall mit 1.000,00 € über einen Sachverständigen ermitteln lassen.
Hinsichtlich des weiter verlangten Schadenersatzes in einer Gesamthöhe von 26.183,43 € stellt das Gericht fest, dass die geltend gemachten Kosten für die Anschaffung und Haltung des streitgegenständlichen Pferdes gänzlich nicht erstattungsfähig sind.
Damit entfallen die Transportkosten der Stute zum Hengst einschließlich Anmietung Leihanhänger und Fahrzeit, die Kosten für die Haltung der Mutterstute während der Tragezeit, die Kosten für Aufzucht und Haltung von Stute und Fohlen, die Kosten für die Haltung des Hengstes bis August 2012, die Kosten für die Haltung des Hengstes in der Pension der Beklagten, die Deckgebühr, die Tierarztkosten für die vorgeburtlichen Untersuchungen und im Rahmen der Geburt und die Kosten für den Hufschmied.
Damit verblieb nur noch ein Restbetrag von 17.046,89 €, von dem der größte Teilbetrag 12.599,96 € für die Intensivpflegekosten für die Zeit vom November 2012 bis Dezember 2013 bei einer Tierärztin angefallen waren.
Im Ergebnis sah sich das Gericht aufgrund der Tatsache, dass das Pferd bisher nicht ausgebildet worden war und damit nur mit einen Wert in Höhe von 1.000,00 € von einem Sachverständigen bewertet worden war, nur in der Lage, den sechsfachen Betrag, somit 6.000,00 € für diese Behandlungskosten zuzusprechen.
Zuzüglich der Wertminderung erhielt damit der Kläger lediglich Schadensersatz in Höhe von 7.000,00 € statt der beantragten 56.183,43 € zugesprochen.