Auf den Sommerurlaub nach der Corona-Krise haben sich viele gefreut, jedoch ist schon jetzt zu erkennen, dass die Bundesregierung manche Regionen zum Virusvariantengebiet erklärt, was vor kurzem noch ein unbedenkliches Urlaubsziel war.
So traf es z.B. Portugal, dass zum 11.07.2021 zum Hochinzidenzgebiet „hochgestuft“ wurde.
Gleiches ist auch mit Spanien passiert, dass zwar derzeit als einfaches Risikogebiet ausgewiesen ist, aber gleichfalls auch in ein Hochinzidenzgebiet „hochgestuft“ werden könnte, wenn sich die Zeilen weiter erhöhen.
Was können nun die Verbraucher tun, wenn eine derartige Variante eintritt?
Zunächst einmal ist zu klären, ob der Verbraucher eine Pauschalreise gebucht hat oder nur eine Individualreise.
Bei einer Individualreise bucht der Verbraucher den Flug oder die Bahnfahrt einzeln und separat die Unterkunft. Über das ganze Programm vor Ort kümmert sich dann der Verbraucher alleine und hat keinen Reiseveranstalter, der hier Angebote unterbreiten kann.
Der Rücktritt von solchen Einzelleistungen richtet sich daher nicht nach den pauschalreiserechtlichen Bestimmungen.
In diesem Fall liegt ein Einzelvertrag mit der Bahn oder der Fluggesellschaft und dem jeweiligen Hotel vor. Somit ist der Vertragsgegenstand lediglich die Beförderung des Reisenden (in der Bahn oder im Flugzeug) und zum anderen die risikofreie Unterbringung des Reisenden.
Daher beeinträchtigt die Einstufung des Urlaubsziels als Virusvarianten- oder Mutationsgebiet die Erbringung des Bahnunternehmens oder der Fluggesellschaft im Grunde genommen genauso wenig, wie die Einstufung als ein einfaches Risikogebiet.
Hier bleibt dem Verbraucher nur die Möglichkeit, dass er eine Umbuchung vornehmen kann und darauf hoffen muss, dass das Bahnunternehmen oder die Fluggesellschaft sowie das Hotel einer derartigen Umbuchung zustimmt. Keinesfalls werden die Unternehmen jedoch einem kostenlosen Rücktritt zustimmen. Im Allgemeinen machen diese Unternehmen entsprechend ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann eine Entschädigung für den Rücktritt geltend.
Anders verhält es sich bei Pauschalreisen. Hier erfahren die Verbraucher einen besonderen gesetzlichen Schutz als Pauschalreisende. Ein Pauschalreisender ist ein Reisender, der zu mindestens 2 Reiseleistungen, d. h. die Beförderung und die Unterbringung und gegebenenfalls noch weitere touristische Dienstleistungen, wie z.B. Eintrittskarten, zu einem Gesamtpreis bucht.
Bei einem Rücktritt von einem Pauschalreisevertrag vor Beginn der Reise kann nach dem Gesetz gemäß § 651h Abs. 1 BGB der Pauschalreiseveranstalter grundsätzlich eine angemessene Entschädigung verlangen.
Hiervon gibt es jedoch Ausnahmen, welche unter anderem in § 651h Abs. 3 BGB niedergeschrieben sind.
Demnach kann der Reiseveranstalter keine Entschädigung verlangen, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Umgebung unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise erheblich beeinträchtigen.
Dazu gehört insbesondere auch, wenn das Urlaubsziel als Virusvarianten- oder Hochinzidenzgebiet eingestuft wird, sodass die Voraussetzungen für einen Rücktritt grundsätzlich erfüllt sind.
Entscheidend ist dabei insbesondere das gesundheitliche Risiko, dass der Verbraucher an dem Urlaubsort eingeht, d. h. welche Virusbelastung dort vorhanden ist.
Da die Bundesregierung allerdings Einstufungen zu einem Hochrisikogebiet oder ähnlichem maximal für 2 Wochen vornimmt, ist ein Rücktritt deshalb immer erst spät möglich.
Erklärt der Verbraucher seinen Rücktritt vor 2 Wochen vor dem Reiseantritt, kann es demzufolge sein, dass eine solch starke Gefährdung am Urlaubsort nicht auftreten muss, sodass der Reiseveranstalter eine Entschädigung grundsätzlich verlangen könnte. Denn hierbei handelt es sich um den Fall eines gewöhnlichen Rücktritts gemäß § 651 Abs. 1 BGB.
Hat jedoch die Bundesregierung innerhalb der 2 Wochen vor Reiseantritt die Hochstufung als Virusvariantengebiet oder Hochinzidenzgebiet vorgenommen und steht die Urlaubsreise unmittelbar bevor, so kann ein Rücktritt kostenfrei vorgenommen werden, wenn die Einstufung des Urlaubsziels als ein Virusvariantengebiet oder Hochinzidenzgebiet erklärt worden ist.
Der Unterzeichner selbst hat einen Rechtsstreit erfolgreich vor dem Amtsgericht München gegen einen Pauschalreiseveranstalter geführt, indem dem Verbraucher dann quasi keinerlei Freiheiten mehr vom Reiseveranstalter gewährt worden sind und der Verbraucher mehr oder weniger nur noch im Hotel eingesperrt war.
Sollte Ihnen ähnliches passieren oder Sie im Streit mit Ihrem Pauschalreise Veranstalter sein, zögern Sie sich nicht rechtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Rechtsanwalt Buchheister